Montag, 6. Januar 2014

oh diese stimme



diese stimme
nimmt jede hemmung
aus der leitung
sprühen funken
zärtlich gehauchte bilder
heiße töne verlangen
das spiel zu spielen

warmer atem streichelt
zentimeter um zentimeter
heizt den körper auf
den punkt zum genießen
tanz

mit mir blinder schmetterling
dem kleinen tod entgegen
dein letzter satz
'ruf mal wieder an '

Zwischentür

ich vergaß die Zwischentür
zu reparieren
sie öffnete sich nur halb
unsere Gespräche
klangen etwas zu isoliert
manchmal zog es
von welcher Seite
konnte ich nicht sagen
und die Melodie wie
Bittermandeln knarzend
brachte mich um den Schaf
zu gerne würde ich dir sagen:
ich habe den Schaden beseitigt

Chronistenpflicht

da steht immer noch
„Arbeit macht frei“
nur mein unkastriertes Ich
lässt nicht zu
dass der Bürger sich reinwäscht
durch Erinnerungslücken
strömt Kernseifengeruch
was bleibt sind offene Stellen
infektiöser Verwesungsgeruch
und die Ansteckungsgefahr
ich hoffte und hoffe immer noch
Menschen nehmen Bilder zur Hand
die alle Zeiten überdauern
um Zeugnis abzulegen
stattdessen sitzen sie
in S-Bahnen und spielen
Zombie Buster

Berghüttenweihnacht

glass-of-wine-140220

Die Wolke ist Mutter geworden. Sie gebärt Flocken. In der Gemeinschaft kommen sie alleine zurecht. Kleine Winterschmetterlinge, kaum geschlüpft, fliegen sie los. Verzaubern Menschen, ganz wie von selbst.
Eine Verjüngungskur bis zum Kind.

Fasziniert schaue ich dem Naturschauspiel zu.
Naturschauspiel? Ein unpassendes Wort. Die Natur schauspielert nicht. Oder ist die Natur eine Bühne?
Einen Moment möchte ich es denken. Möchte mich als Zuschauer zwischen Himmel und Erde sehen.
Mit meinen Händen fange ich kleine Diamanten. Höre das Knirschen unter meinen Füßen.
Ich sehe Marilyn Monroe tanzend im Schnee. Mit ihrem Kussmund fängt sie Männer, die schon auf ihrer Zungenspitze schmelzen. Kuscheln im Schneebett?

Die Berghütte umfängt mich als Herzstück.
Welch wunderbarer Gedanke. Jetzt ein Glas Rotwein, ein gutes Buch und Wärme aus dem Kamin. Ein Stück Heimat als Dach und Zuflucht mit starken Balken. Ich berühre das Massive und fühle den Faunus, der gleichzeitig Feld- Wald- und Berggott verkörpert. Es riecht kraftvoll nach Sommer in einem Lärchenwald. Jetzt müsste ich schweigen.
Nur das Fühlen zulassen, ungehemmt mich begeben in Männerarme. Mich fallen lassen ins weiche Moos.
Doch ich suche den Lichtschalter. Bin längst zu zivilisiert um mein Denken nicht in geordnete Bahnen zu lenken. Wie leicht ich hier oben einen Schlenker mache. Liegt es am Schnee?
„Auf der Alm, da gibt’s kein Sünd.“ Ja, wie denn auch, kein Mannskerl weit und breit in Sicht. Jetzt nur nicht an Reinhold Messner denken.

Der Fensterblick / Eisblumenbemalung / ein Panorama aus Puderzucker bestäubten Tannen.
Weihnachtsschmuck aus Omas Zeiten. Zimtmonde und Lebkuchen, Sterne am Baum. Ihr Rosinenstollen schmeckte bis Ostern köstlich. Ihre Küche duftete immer ein wenig nach Kinderbescherung. Opa sammelte heimlich die Rosinen aus dem Kuchen und fütterte damit seine Spatzen und mich.
Weihnachten, eine Zeit, die Tür zu den Kleinkinderjahren zu öffnen.
Jetzt alle hier, Großeltern, Eltern, Geschwister, deren Kinder und mein Mädchen versammelt um den erleuchteten Tannenbaum.

Ich werde Kerzen brennen lassen, ein Lichtmeer.

Samstag, 4. Januar 2014

Sommerferien im Jahr 1968

statue-sonne
Sommerferien im Jahr 1968

Geboren als Bauernkind kannte ich keinen Urlaub, in dem die ganze Familie verreiste. Bauern machten keine Ferien. Für einen Rüganer war Reisen ein Fremdwort.
Bei uns im Flur des Hauses hing ein gerahmter, fein säuberlich gestickter Spruch:

"Tu Hus is tu Hus
Wer Dag för Dag sin Arbeit deit
und jümmers op sin Posten steiht,
und deit dat got und deit dat gern,
de dörf sick ok mal amüseern"

Amüsieren bedeutete für einen richtigen Insulaner, die Gummistiefel auszuziehen und mit einem Pott Kaffee auf der Gartenbank zu sitzen. Mein Vater war ein echter Rüganer, der nichts so sehr liebte wie seine eigene Scholle. Meine Mutter meinte immer, der alte Bismarck hätte noch untertrieben, als er meinte: „wenn die Welt untergeht, so ziehe er nach Mecklenburg, denn dort geschieht alles 50 Jahre später.“
Mein Vater sah keinen Sinn darin, auf Reisen zu gehen.
Trotz allem verbrachte ich die Schulferien, die DDR-weit mit acht Wochen im Juli und August feststanden, nur teilweise zu Hause.
'Erst die Arbeit, dann das Vergnügen', lernten wir von Kindesbeinen an. Dieser oft gehörte Spruch signalisierte erst recht, in der schulfreien Zeit unseren Obolus am Hof und zu Gunsten der Familie zu erbringen.
Zu unserem Eigentum zählten ein Hof mit Gemüsegarten und unzählige Obstbäume. Da mangelte es nie an Arbeit. Die Eltern fragten uns Kinder nicht lange. Zu den alltäglichen Pflichten zählte, den Garten unkrautfrei zu halten, beim Konservieren zu helfen und der Mutter für weitere Handgriffe im Haushalt zur Verfügung zu stehen.
Außerdem hatten wir Haustiere und an den Hof grenzte ein Hektar Ackerland. Ein Hektar entspricht zehntausend Quadratmetern. Wir selbst rechneten in Morgen wie schon unsere Großeltern. Vier Morgen Land sind ein Hektar. Dieser Acker wurde einige Jahre mit Rüben oder Wruken bebaut. Wruken heißen in anderen Gegenden Steck- aber auch Kohlrüben. Mit Drillmaschinen wurden im Frühjahr die Rüben in Reihen in die Erde gebracht und im Mai bis Juni verzogen. Das Verziehen bedeutet das Entfernen von Jungpflanzen im Abstand einer Hackenbreite. Die größte Pflanze blieb stehen. Nach vier bis fünf Wochen begann die sogenannte Rundhacke. Der Boden um die Rübe wurde dabei mit der Hacke gelockert und das Unkraut beseitigt. Diese Arbeit fiel in erster Linie uns Kindern zu.
Selbstverständlich gehörten die Routinearbeiten, die wir auch während der Schulzeit erledigten, in den Ferien zu unserem täglichen Programm. Dazu zählte für mich immer, die kleineren Geschwister zu umsorgen. Sie zu waschen, anzuziehen und das Frühstück zu machen. Diese Aufgabe fiel mir nicht immer leicht bei sechs kleineren Geschwistern.
Meine Mutter war inzwischen im Stall, um die Kuh zu melken und auf dem Hof nach dem Rechten zu sehen.
Nach Erledigung all dieser Arbeiten fingen dann für uns Bauernkinder die Ferienfreuden an.
Das größte Vergnügen brachten die Ferienspiele. Sie wurden durch die Lehrer und einige Eltern für vier Wochen organisiert.
Ein ungewöhnlich heißer Sommer erwartete uns damals 1968.
Für uns junges Volk zählte in diesen Wochen nur eines, das pure Genießen der knappen Freizeit.
Gemeinsam gingen wir in Gruppen baden oder vergnügten uns auf dem Sportplatz oder Schulhof.
Sportliche Wettkämpfe in der Gemeinschaft Gleichaltriger machten nicht nur mir immer aufs Neue Spaß. Ich erinnere mich gerne zurück an Vergnügungen wie Schnitzeljagd durch das ganze Dorf, Tontaubenschießen und Mitternachtsdisco an der Ostsee.
Auch Tagesausflüge standen auf dem Programm.

Der schönste davon war der Besuch der Insel Hiddensee. Wir hatten es alle irgendwie geschafft, für diesen Tag ein Fahrrad zu organisieren. So fuhren wir auf unseren Drahteseln zur Anlegestelle der “Weißen Flotte” nach Altefähr. Für die sieben Kilometer brauchten wir einige Zeit, denn die Landwege waren voller Steine und ausgewaschener Kuhlen. Doch dann begann endlich die große Abenteuerfahrt. Nur wenige von uns kannten die Insel bereits, obwohl sie gerade einmal zwei Bootsstunden entfernt lag.
Schon auf der Überfahrt sangen wir. Immer wieder erklang „Jetzt fahr'n wir über‘n See, über'n See“ und „Pack die Badehose ein“.
In Neuendorf angekommen, erkundeten wir die Trauminsel mit dem Rad. Durch die Dünenheide ging es zum Süderleuchtturm auf dem Gellen. Hier leuchtete der Ginster gelb und es duftete nach Walderdbeeren. Wir konnten uns kaum satt sehen. In der Nähe des Leuchtturmes wurde Zwischenstation gemacht. Wir, die acht „unzertrennlichen“ Freundinnen, bildeten einen Kreis um Elisabeth. Sie war erst seit zwei Tagen zurück aus dem Urlaub mit ihren Eltern. Ihr Vater war Pastor im Dorf und sie hatten zwei Wochen in der Tschechoslowakischen Volksrepublik verbracht. Wir anderen waren ganz gespannt auf ihren Bericht.
Bevor sie zu erzählen anfing, schenkte sie jedem von uns einen knallroten Kaugummi. Wie herrlich der schmeckte! Elisabeth berichtete von Läden in Prag, die mit Waren aus dem Westen gefüllt waren. Sie hatte dort bunte Miniröcke anprobiert. Aber ihr Vater erlaubte ihr nicht, einen davon zu kaufen. Sie meinte, wir lebten hier hinterm Mond und in Prag würden alle jungen Leute wie die Beatles aussehen. Dort gäbe es auch jede Menge Zeitungen und Bücher aus Westdeutschland. Aber die durften sie ja nicht mitbringen. Immerhin schaffte ihr Vater es, zwei Schallplatten am Zoll vorbeizuschmuggeln. Eine von Peter Kraus und eine von Peggy March. Da war auch das Lied „Mit siebzehn hat man noch Träume“ drauf. Diesen Hit kannten wir alle und so erklang es im Chor: „Mit siebzehn hat man noch Träume - Da wachsen noch alle Bäume - In den Himmel der Liebe …“.
Besonders schwärmte Elisabeth vom Besuch eines Konzerts mit dem großen Star Karel Gott. Er würde in der Tschechoslowakei ähnlich verehrt wie Peter Kraus im Westen.
Ihre Eltern hatten aber auch Befürchtungen. Sie zweifelten, dass die sozialistische Staatengemeinschaft zusehen würde, wenn die Tschechei ihre Liberalisierung fortsetzt und mit dem kapitalistischen Ausland freundschaftlich umginge. Sie machten sich große Sorgen, weil sie mutmaßten, dass irgendetwas Schlimmes passieren könnte. Aber Lisbeth, so nannten wir Mädchen sie, meinte, wenn ihre Eltern im nächsten Jahr nicht fahren würden, dann führe sie eben mit ihrem großen Bruder, das sei schon abgemacht.
Nachdem Elisabeth ihren Bericht beendet hatte, ließen wir die Räder stehen und liefen zum Strand hinunter. Dort trafen wir auf unsere Jungs. Wir sangen lauthals: „Zwei Apfelsinen im Haar und an der Hüfte Bananen trägt Rosita seit heut zu ihrem Kokosnusskleid ….“
Einer der Jungs erklärte uns großspurig, es gäbe da längst einen neuen Text, der viel besser passen würde, nämlich diesen: „Zwei Apfelsinen im Jahr und zum Parteitag Bananen, dass ganze Volk schreit Hurra, der Kommunismus ist da“.
Wir tanzten ausgelassen und trällerten so laut, das es unserem Klassenlehrer zu bunt wurde. Er meinte, wir sollten sofort mit diesem Unsinn aufhören. Natürlich sahen wir, dass er sich das Schmunzeln nicht verkneifen konnte.
Nach einem abkühlenden Bad ging es weiter zum wunderschönen Fischerdorf Kloster mit dem Gerhart-Hauptmann-Haus. Dort standen überall weißgetünchte, reetgedeckte Fischerhäuser.
Ein Fischer zeigte uns, wie auf der Insel der Fisch fürs Festland vorbereitet und zum Teil auch schon geräuchert wurde. Anschließend bekamen wir eine Riesenportion Bratfisch zu essen. Nachdem er von großen Bernsteinfunden an der Steilküste, die jüngst gemacht wurden, erzählt hatte, suchten wir stundenlang, aber vergeblich. Unsere ganze Ausbeute waren Donnerkeile, versteinerte Austern, Seeigel und Schwämme. Müde und voller neuer Eindrücke kehrten wir mit dem letzten Dampfer aufs Festland zurück.
Vor der Schule verabschiedeten wir uns alle voneinander. Mein Klassenkamerad Klaus brachte mich noch nach Hause. Und beim Abschied fragte er mich, ob wir zusammen gehen wollten? Ein wenig überraschte mich die Frage, denn Klaus und ich waren seit der ersten Klasse ein unzertrennliches Pärchen. Doch ich sagte schnell „ja gerne“. Sofort begannen wir Pläne zu schmieden: Nach Schule und Lehrzeit wollten wir beide Insulaner werden. Auf Hiddensee würden wir glücklich und in Harmonie leben. Diesen gemeinsamen Traum besiegelte unser erster zarter Kuss.
Erst als ich im Bett lag, wurde mir bewusst, dass ich an diesem Tag meinen ersten Kuss, die erste Liebeserklärung bekommen hatte. Stunden lag ich noch wach und malte mir Bilder aus von meiner Zukunft mit Klaus.

Am nächsten Morgen begrüßten wir uns ziemlich verlegen. Zuerst ging jeder seinen eigenen Aufgaben nach. Ich half einem Bauern, der Drittklässlern Reitunterricht gab. Meine ersten Erfahrungen auf dem Rücken eines Pferdes hatte ich schon mit vier Jahren gehabt.
Die landwirtschaftliche Genossenschaft stellte dafür Pferde und Ponys zur Verfügung. Die Kleinen lernten Reiten und bekamen als Auszeichnung „Das goldene Hufeisen“.
Den Abschluss und besonderen Höhepunkt der Ferienwochen bildete das Ringreiten, welches in ein Dorffest eingebunden wurde. Wir bastelten uns dafür mittelalterliche Kostüme, selbstredend durften dazu die bunt bemalten Schilde nicht fehlen.
Sofern ich mein Amt erledigt hatte, fuhr ich zum Strand. Dort war Klaus als Helfer bei den Rettungsschwimmern. Er war nicht nur ein exzellenter Schwimmer, Klaus konnte besonders behutsam mit kleinen Kindern umgehen. Stundenlang mochte ich ihm bei seiner Tätigkeit zuschauen. Ich stellte mir dann immer vor, wie gut er später mit unseren Kindern zurechtkommen würde. Für mich stand außer Frage, Klaus musste Lehrer oder Kinderarzt werden. Nur er selbst war sich seiner Zukunft nicht so sicher. Sein größter Traum war immer, ein großer Schauspieler zu werden.
Besonders er freute sich, dass über die gesamte Ferienzeit Projekte, die von der Schule angeboten wurden liefen. Wir trugen uns schon vor Ferienbeginn in entsprechende Teilnehmerlisten ein. Wir beide hatten uns selbstverständlich für die Theater-AG entschieden, die unser Klassenlehrer leitete. Wir studierten entweder bekannte Stücke ein oder schrieben selbst welche.
Mein Lieblingsbuch zu der Zeit war "Pause für Wanzka" von Alfred Wellm. Daher schrieben mein Freund und ich das Buch einfach zu einem Theaterstück um. Der Lehrer Wanzka war die Hauptrolle. Anders als normale Lehrer konnte er in jedem Kind das besondere Talent finden. Es war nicht wichtig, jedem Schüler alles beizubringen. Den Jungen mit dem Forscherdrang für die Bausteine der Welt ließ er forschen und gab ihm dazu einen Chemiebaukasten. Das handwerklich begabte Mädchen sollte ihr Traumhaus zeichnen und mit Hammer und Säge arbeiten. Der Lehrer erklärte ihr, wie sie mit Hilfe einfacher Formeln maßstabsgetreue Modelle anfertigen konnte. Selbst bei den Streithähnen der Klasse fand Wanzka das verborgene Talent. Der eine wollte gerne Jurist werden, der andere entschied sich dafür, als Journalist zu arbeiten.
Für die Aufführung fehlten uns die notwendigen Requisiten. Unser Lehrer hatte einmal erwähnt, dass eine Dorfbewohnerin früher einmal Schauspielerin war.

Nach langem Hin und Her besuchten wir die Frau. Das fiel uns nicht leicht, weil im Dorf kursierten die wildesten Gerüchte über sie. Weder mein Freund noch ich hatten mit ihr außer höflichen Grüßen je ein Wort gewechselt.
Im Dorf hieß sie einfach nur Gerda, die Franzosenbraut. Sie war eine auffällige Person von sehr großer und schlanker Statur. Gerda trug immer einen blonden Aufsteckdutt und war außerdem stark geschminkt.
Durch den Dorftratsch hatten wir erfahren, dass sie die „Franzosenkrankheit“ hatte. Sie sollte sich nach dem Krieg ja mit vielen Besatzungssoldaten herumgetrieben haben. Und das hatte sie nun davon. Was immer diese „Franzosenkrankheit“ sein mochte, ich würde mich jedenfalls nie mit fremden Männern herumtreiben, denn so vernarbt wie Gerda wollte ich nicht herumlaufen müssen. Die Krankheit entstellte diese Frau und wir hatten große Angst, uns anzustecken. Denn trotz der starken Schminke im Gesicht waren die vielen kleinen Narben nicht zu übersehen.
Nachdem wir Gerda in der Haustür stehend unser Problem mit den Requisiten kurz geschildert hatten, bat sie uns in ihre Wohnung. Sie bot uns sogar Limonade und Kekse an. Dann erzählte sie von ihrer Arbeit beim Varieté. Sie zeigte uns viele Fotos und einige ihrer selbst angefertigten Kostüme.
Als wir von unserem Plan erzählten, den „Lehrer Wanzka“ mit Schülern auf die Bühne zu bringen, nahm sie richtig Anteil. Gerda zeigte uns eine Auswahl Schnurrbärte und Perücken für die Figur des Lehrers. Neben den benötigten Perücken durften wir auch Schminkstifte mitnehmen. Unser Requisitenproblem war gelöst.
Das Tollste aber war: Unser Stück wurde am Ende der Ferienspiele öffentlich am Abend des Dorffestes aufgeführt.
Ein paar Tage davor wurden im ganzen Dorf Aushänge gemacht. Und alle Schulkinder sammelten Zutaten für den Kuchenbasar. Wir klopften an jeder Haustür und bekamen Obst, Eier und alle anderen, notwendigen Zutaten von den Bäuerinnen. Am Tag vor dem Fest ging dann eine Gruppe Freiwilliger zum Dorfbäcker und es wurde fleißig gebacken. Die Resultate riefen jedes Jahr aufs Neue Begeisterung hervor. Ich meldete mich immer als Verkäuferin für den Basar, da es mir einen Riesenspaß machte, die Leckereien anzupreisen. Noch heute erinnere ich mich an den Spruch, der den Verkauf ankurbeln sollte: „Kümm se röver, kümm se rann, bi uns warst anschätt wi neben an“. Für alle, die des Plattdeutschen nicht mächtig sind, hier die Übersetzung: „Kommen sie rüber, kommen sie ran, bei uns werden sie beschissen wie nebenan“ Gaben die Leute eine Spende für den Kuchen, sagten wir: „De betahlt, hett nich nödig to danken“ Übersetzung: „Der bezahlt, der musst nicht danken“ und grinsten dabei übers ganze Gesicht.

Am Abend bevor der Dorftanz für Jung und Alt losging, führten wir unser Theaterstück auf.
Es wurde ein riesiger Erfolg und es gab jede Menge Applaus. Damit gingen die Ferien und der heiße Sommer 1968 für eine überglückliche Dreizehnjährige zu Ende.

Montag, 30. Dezember 2013

Die Stunde der Tanne

Nun kahl gefegt, befreit im Holz die Tanne
Es schweigt im Wäldchen Silberpappels Hallen
Kein Blätterwerk und keine Blütenranke
den Raum beschwert. Des Winters Einkehr zeige

Umbruch im Wald. Das Jahr birgt nun die Spanne
fürs Tannengrün, zuvor niemandem aufgefallen.
Versteckt, verdeckt war`s immer Wunschgedanke
zu offenbaren ihre schönen Nadelzweige.

So freut sie sich an jeder hellen Stunde.
Vergnügt beginnt zu leuchten auch der Tannenzapfen
und hört sie dort ein Singen und ein Stapfen,

ein Mensch ist`s, staunend, und aus seinem Munde
flüstert´s: die Saat! Sie leuchtet mir - so süß wie Krapfen!
Nun lacht sie - Winter kommt! Mit Eis und Zapfen

Mittwoch, 25. Dezember 2013

Zwischen den Jahren



Altes abgeworfen
spüre ich
nur dieses
leere Grau
fühle mich wie
ein alter Muli
nutzlose Tage ohne Sinn

giere danach
dieses … DAZWISCHEN
herauszureißen
aus dem Kalender
dieser gebrochenen Zeit
auf dem zugigen Bahnhof
die diese Kälte eisig macht
am Ende

Samstag, 21. Dezember 2013

Bedeckt vom Meer

Meer-blumen

Der Kreis ist vollzogen
ein letztes Signal
sacht wiegen die Wellen
kein Schatten
wie auf Erden
hält sich
im Wasserspiegel
Tränen und Trost
fließender Wandel
und ein Lösen
Wind leiht Federschwingen
findest im Meer letztes Ziel
mein Erinnern
bleibt
Anker

Sonnenblume-See

Sonntag, 15. Dezember 2013

Wie peinlich ist das denn?


Wie peinlich ist das denn?

Das erste mal bis über beide Ohren verliebt. Was gibt es schöneres für ein pubertierendes Mädchen? Nichts. Jeder Schritt ein Wolkentanz, jeder Gedanke ein verklärtes Licht.
Der Alltag ist gestrichen, gezählt werden nur die gemeinsamen Stunden.
Dazwischen herrscht im Kopf das reinste Chaos.
So geht es mir, kurz nach meinem 15. Geburtstag. Mein Freund Michael haut mich aus meine gewohnte Bahn. Er ist der Größte, der Coolste. Für ihn könnte ich Sterne vom Himmel holen.

Er will mit mir Sex, ganz unverkrampft sagt er. Ohne Angst haben zu müssen. Seine Eltern fahren übers Wochenende fort. Wir können wie geplant zum Schulfasching und anschließend zu ihm nach Hause.
Ich hole mir sofort einen Termin beim Frauenarzt. Gerne wäre ich zu einer Frau gegangen. Leider hat nur ein männlicher Frauenarzt einen freien Termin. Da muss ich nun durch. Schließlich geht es um meine große Liebe. Ich brauche die Pille und sofort.
Die Nacht vom Donnerstag zum Freitag komme ich kaum zum Schlafen. Meine Nerven sind völlig überspannt. Ich sehe mich schon völlig nackt in Michaels Bett. Das erste Mal für mich.
Ich kann mich nicht mehr erinnern wie ich die Unterrichtsstunden an diesem Tag hinter mich bringe.
Jetzt also der unvermeidliche Arztbesuch. Vorher unter die Dusche und noch schnell extra Duft zwischen die Beine gesprüht. Wollte ja auch gut riechen. Der Frauenarzt war ein gutaussehender Mann. Erklärte mir ausführlich die Anwendung der Antibabypille und auch die Nebenwirkungen. Nur ich war viel zu aufgeregt um alles zu erfassen. Ich wusste, ich musste mich vor diesem Mann entblößen. Wie unangenehm es auch ist, ich habe keine Wahl. Ich also auf den Stuhl. Der Arzt untersucht mich und sagt wortwörtlich: „ Uii, heute haben wir uns aber extra schick gemacht.“
Ich stehe völlig neben mir. Nehme das Rezept, laufe in die Apotheke und habe die Schachtel endlich in der Hand.
Mir geht diese Satz nicht aus dem Kopf. Was meinte der Arzt nur damit? Rieche ich zu stark?

Mir bleibt nicht mehr viel Zeit. Ich muss mich noch für den Fasching fertig machen. Schließlich
will ich doch als krass blauer Troll gehen. Ich ziehe mich aus, sehe in den Spiegel und bekomme einen Schreikrampf. Meine Haare sind blau, blau zwischen den Beinen. Ich habe das Deo mit dem Haarspray verwechselt.

Montag, 9. Dezember 2013

Marias Würde

schiele_frau_rot
(Egon Schiele)

Ihre Würde
verkaufte sie mit
der letzten Ziege
und der Hoffnung
ihr Kind wird wieder
gesund um Arbeit zu finden
und aufzustehen
aus dem einzigen Bett in der Hütte

sie fürchtet den Tod
er kommt so langsam
frisst das Hirn leer
sie sah es an Hasib
er verlor den Verstand
als er einen Mann tötete
um Reis zu stehlen
sie fand ihn abends
an einen Baum hängen
die rechte Hand abgehakt

verscharrte ihn im staubigen Feld
konnte ihn nicht würdevoll bestatten
es fehlte das Holz fürs Feuer
auf dem Heimweg zu ihren fünf Kindern
hörte sie den Teufel fragen:
Würdest du dich verkaufen für die Deinen?

Maria dachte an den Tag als sie verheiratet wurde
damals war sie 13 Jahre

Sonntag, 8. Dezember 2013

Wie peinlich ist das denn?

Das erste mal bis über beide Ohren verliebt. Was gibt es schöneres für ein pubertierendes Mädchen? Nichts. Jeder Schritt ein Wolkentanz, jeder Gedanke ein verklärtes Licht.
Der Alltag ist gestrichen, gezählt werden nur die gemeinsamen Stunden.
Dazwischen herrscht im Kopf das reinste Chaos.
So geht es mir, kurz nach meinem 15. Geburtstag. Mein Freund Michael haut mich aus meine gewohnte Bahn. Er ist der Größte, der Coolste. Für ihn könnte ich Sterne vom Himmel holen.

Er will mit mir Sex, ganz unverkrampft sagt er. Ohne Angst haben zu müssen. Seine Eltern fahren übers Wochenende fort. Wir können wie geplant zum Schulfasching und anschließend zu ihm nach Hause.
Ich hole mir sofort einen Termin beim Frauenarzt. Gerne wäre ich zu einer Frau gegangen. Leider hat nur ein männlicher Frauenarzt einen freien Termin. Da muss ich nun durch. Schließlich geht es um meine große Liebe. Ich brauche die Pille und sofort.
Die Nacht vom Donnerstag zum Freitag komme ich kaum zum Schlafen. Meine Nerven sind völlig überspannt. Ich sehe mich schon nackt in Michaels Bett. Das erste Mal für mich.
Ich kann mich nicht mehr erinnern wie ich die Unterrichtsstunden an diesem Tag hinter mich bringe.
Jetzt also der unvermeidliche Arztbesuch. Vorher unter die Dusche und noch schnell extra Duft zwischen die Beine gesprüht. Will ja auch gut riechen. Der Frauenarzt war ein gutaussehender Mann. Erklärte mir ausführlich die Anwendung der Antibabypille und auch die Nebenwirkungen. Nur ich war viel zu aufgeregt um alles zu erfassen. Ich wusste, ich musste mich vor diesem Mann entblößen. Wie unangenehm es auch ist, ich habe keine Wahl. Ich also auf den Stuhl. Der Arzt untersucht mich und sagt wortwörtlich: „ Uii, heute haben wir uns aber extra schick gemacht.“
Ich stehe völlig neben mir. Nehme das Rezept, laufe in die Apotheke und habe die Schachtel endlich in der Hand.
Mir geht diese Satz nicht aus dem Kopf. Was meinte der Arzt nur damit? Rieche ich zu stark?

Mir bleibt nicht mehr viel Zeit. Ich muss mich noch für den Fasching fertig machen. Schließlich
will ich doch als krass blauer Troll gehen. Ich ziehe mich aus, sehe in den Spiegel und bekomme einen Schreikrampf. Meine Haare sind blau, blau zwischen den Beinen. Ich habe das Deo mit dem Haarspray verwechselt.

Heilt der Winter jeden Schmerz?



Treib die Pferde von der Weide,
pflück das letzte Obst der Bäume.
Nebel blühen auf der Heide
bleich gefärbter Sommerträume.

Frostig schleicht die Todesahnung
Seele möchte Frieden finden.
Säuselt Wind die sanfte Mahnung
alles Schöne wird verschwinden.

Weine nicht um heiße Liebe
geh nach Haus und lass sie sterben.
Hast gehofft, dass sie noch bliebe
fruchtlos scheint dir nun dein Werben.

Vieles hat die Nacht gewendet.
Tage scheinen nun verwirrend.
Blick ins Gestern Freude spendet,
Fliederduft im Sinn bewahrend.

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