Freitag, 22. März 2024

Gewitter auf der Insel

Gewitter auf der Insel

Die Luft ist unerträglich heiß geworden
obwohl ein Schleier vor der Sonne liegt.
Die Möwen sammeln sich und schreien heiser,
und Haubentaucher treiben ihre Kinder
in nahgelegnen Schutz, in Küstenmulden.
Der Bauer öffnet schnell die Pferdeboxen
Das Federvieh, es hat sich längst verkrochen.
Die Grenze zwischen Himmel und dem Meer,
verschwindet mit dem letzten Hauch von Luft.

Die Mutter ruft die Kinder,“schnell ins Haus.“
Und mit dem Türenschlag beginnt das Grollen.
Durchs Fenster scheint der Himmel milchiggrün.
Im ganzen Haus, da hängen Angstgespenster,
die Oma packt die Tasche mit Papieren
und setzt sich auf den alten Wintermantel.
Ein Blick hinaus, das Wasser steht in Flammen.
Und niemand rührt sich bis ein Schrei ertönt.
„Die Stallung brennt und Vater bei den Tieren.“
Inmitten dieses Rufes kommt der Regen.

Es dröhnt und prasselt.“Oh du lieber Gott.
Wenn es dich gibt, beschütze Mensch und Tier.“
Die Wassermassen kämpfen mit dem Feuer,
der Hund verkriecht sich zitternd in die Ecke.
Ein schwefelgelbes Licht durchbricht den Himmel,
Sekunden sind vergangen bis zum Donner.
Die Eingangspforte öffnet schweigend sich
und in der Tür steht Vater mit dem Lamm.
„Das Feuer ist für heute wohl besiegt,
das kleine Schaf verlangt nach seinem Fläschchen.
Ich könnte einen steifen Grog vertragen.“

© Ilona Pagel 2022

Bauer sucht Frau

Bauer sucht Frau

Ich wünsch mir eine brave Frau
der ich die Kühe anvertrau.
Sie ist im Stall schon früh um vier
und abends bringt sie mir ein Bier.

Ich wünsch mir eine Schmusekatze
die nicht bemerkt ich zieh ´ne Fratze.
Die nicht viel spricht von Stil und Tanz
wo ich mich hinterm Köm verschanz.

Ich wünsch mir schnell `ne trächt`ge Stute
und Kinder, auf dem eignen Gute.
Sie soll mir zeigen wie was geht,
bevor die Wies ist abgemäht.

Die Frau muss sein, so wie mein Hund,
der ist mit treu, kommt jeder Stund,
der folgt mir brav auf Schritt und Tritt
und hält auch meinen Körper fit.

Ich wünsch mir eine schöne Frau
die schlau ist, wie im Stall die Sau.
Nur reinlich sollte sie schon sein,
dann will ich sie auch gerne frein.

Erntedankfest

Erntedankfest

Kraniche ziehen,
der Tag liebkost die letzte Zinne.
Einladend kommt er zu ihr.
Den Blick zum Himmel
sendet sie einen Gruß.
Gedanken schwingen
Pusteblumen im Wind,
verabschieden Gestriges.

Ihre wachen Augen,
verspielt und weise,
möchten alles greifen,
baden in dieser Stunde.
Die Kraft vom Morgentau aufsaugen,
das Frische im Garten
in dem sie
sich fühlt.

Gestärkt vom Leben,
gezeichnet von den Jahren
bereitet sie, dem Gehen der Zeit
ein Willkommen.
Schenkt den Zugvögeln
rotbäckige Früchte.
Kostet den Wind,
atmet die würzige Erde ein,
trinkt die Herbstsonne.
Bleibt eine Weile und lächelt.

© Ilona Pagel

Herbst in Schleswig Holstein

Herbst in Schleswig Holstein

Während Gänse schreiend südwärts fliehen
Nebel sich am Mittag erst verziehen,
Kinder mit Kastanien freudig spielen
Burschen auf die Tanzmariechen schielen.
Dann wird`s still,
weil der Herbst einziehen will.

Wenn die Hagebutte rot uns lacht,
Fischer sich zum Dorschfang aufgemacht,
Kinder nur in Gummistiefel laufen,
allseits türmen sich die Blätterhaufen.
Jetzt wird`s naß,
der Herbst kommt mit seinem Strass.

Viele Gäste sind vom Strand verschwunden,
bunte Drachen ziehen ihre Runden,
endlich heißt es moin. Ein freudig grüßen,
Apfelkuchen will den Tag versüßen.
Dann ist`s wahr,
der goldene Herbst ist da.

© Ilona Pagel

Wärme im Haus und im Gemüt

Wärme im Haus und im Gemüt

Längst hat die Zeit sich gewendet und kälter werden die Tage,
wolkenverhangen die Welt, gähnende Leere in mir.
Bis aus dem Kosmos ein Stern des Morgens am Himmel erstrahlt.
Sirius, funkelnder Stern, der mir die Hoffnung nun bringt.
Zweierlei Häuser sinds, die dir offen bleiben im Leben,
gibt dir das eine das Glück, formst du das andre dir selbst.
Arbeite, schaffe mit Frohsinn und warte nicht auf den Winter.
Bald ist die Arbeit geschafft, Hölzer genügend im Haus.
Wohlige Wärme verströmt des Ofens lechzende Zunge.
Scheite trockenes Holz herrlich erwärmt sich das Haus.
Schreiben und dichten am Ofen sind Musestunden des Tages.
Weihnachtsahnung im Sinn, unter dem wärmenden Dach.

© Ilona Pagel

Frohgemut

Frohgemut


Spannt den Schirm auf,
zieht die Mützen.
Planscht mit mir
durch all die Pfützen.

Lauft und lacht,
vergesst die Sorgen.
Herbstes Macht
vergeht dann Morgen.

Seht das Licht
und pflückt die Trauben.
Herbstgedicht,
so bunt die Lauben.

Erntezeit
im Feld und Garten,
Köstlichkeiten
auf uns Warten.

© Ilona Pagel

Im Zweig die Pflaume

Im Zweig die Pflaume

Es lacht im Zweig die Pflaume,
ich lasse sie am Baume.
Sie hat Besuch vom Wurm
zu zweit hört man sie dichten,
erzählen Spuckgeschichten
und purzeln dann vom Baum im Sturm.

Sie liegen nun im Rasen,
erschreckten arg den Hasen
bei seinem Mittagsschlaf.
Ihr kommt wohl flugs von Oben,
ach lasst doch nur das Toben,
ach bitte seit nun richtig brav.

© Ilona Pagel

Die Schnecken

Die Schnecken

Fast würdig schleichen Schnecken
erhaben um die Ecken.
Auf ihrer Fressenstour
zu ihrer Lieblingsspeise,
erzeugen sie ´ne Schneise
und schlittern gern auf fremder Spur.

Der Schleim fungiert als Kleister,
denn diese Plagegeister
verkriechen sich zur Nacht.
Sie kleben unterm Dache
und hängen selbst am Blache
kopfüber in fast jedem Schacht.

Vermehren sich durch Eier,
im Gras, am seichten Weiher
und hüten brav die Brut.
Doch für den Gartenmeister
sind Schnecken feiste Geister.
Ihn packt ganz schell die blanke Wut.


© Ilona Pagel

Wo Milch und Honig fließt

Wo Milch und Honig fließt

Der Garten ist ein wahres Schlemmerland.
Die Schnecke checkt grad meinen jungen Kohl,
sie schaut zum Nachbarn, sieht den Baumbestand.
Die Kinder und der Pudel fühln sich wohl.

Die Schnecke checkt grad meinen jungen Kohl,
die Wespe säuselt auf dem Blütenblatt,
die Kinder und der Pudel fühln sich wohl.
Dem Maulwurf ist der Rasen viel zu platt.

Die Wespe säuselt auf dem Blütenblatt,
„ich bin im Land wo Milch und Honig fließt“
Dem Maulwurf ist der Rasen viel zu platt,
er ackert fleißig bis der Klee nur schießt.

Ich bin im Land wo Milch und Honig fließt.
Der Nachbar hat den besten Baumbestand.
Er ackert fleißig bis der Klee nur schießt,
der Garten ist ein wahres Schlemmerland.

© Ilona Pagel

Arglos ohne Zwänge leben

Arglos ohne Zwänge leben

Man sieht manchmal Flamingos stehn,
Die rosig in die Zukunft sehn, ...
Eugen Roth

Scheint's gefunden hat der Vogel seine Mitte.
Tanzt vergnügt den ganzen Tag auf langen Beinen.
Schnäbelt hier und fischt nach einer Sahneschnitte,
mit der Welt und sich ist er doch stets im Reinen.

Könnte ich galant wie er durch Lüfte schweben,
reichten mir auch Fische und die kleinen Kröten,
bräuchte weder ackern, noch hinauf zu streben,
lernte ich nur vogelfrei auf Luxus flöten.

Zög als reiner Pilger durch die bunten Welten.
Misste keinen Tand und wollt mich nie vergehen.
Achte Mensch wie Tier und lasse alles gelten.
Singend würd ich rosig in die Zukunft sehen.

Nach dem Infarkt

Nach dem Infarkt

Fischblütig schlugst du
das Festmahl aus,
und ersticktest
das Feuer im Heim.

Meine Worte stießen
auf taube Ohren.
Du weidetest dich
in deiner Ohnmacht,
die dir Mannbarkeit versagte.

Vor deinem
Scheiterhaufen
brenne ich,
warum nur,
will meine Glut
nicht auch verebben.

© Ilona Pagel

Früher war mehr Lametta

Früher war mehr Lametta

Die Queen ist Tod und
Gottschalk wirkt zusehends alt
in seinen bunten Kleidern.
Im Norden hält der Schnee auch keinen Tag
und in Katar freuen sich Fans über Fußball.
Früher war einfach mehr Lametta.

© Ilona Pagel

Sprachtreff am runden Tisch

Sprachtreff am runden Tisch

Am runden Tisch versammeln sich zum Plaudern,
die Leila, Ali, Mohmed, Artem, Kadim
auch Hamza, Fath und Samdi warten freudig.
Die Worte finden sich im Kreisgespräch
und häufig ist die Sprache unvermörtelt.

Gedanken hüpfen, tauschen ihre Plätze.
Der Ort verändert oftmals unsre Sicht,
gleichwohl wir lernen immer voneinander.
Und mit den Klängen fremder Worte fließt
beharrlich ferne Denkart ins Begreifen.

Der Zimmerhimmel weitet sich mit Hamza,
sie malt ihr erstes Schriftbild, ihren Namen
in meiner Sprache. Setzt an Striche, Kringel,
erzählt von ihren großen Lebenswünschen.

Sie malen alle bunte, feine Häuser
aus Worten wachsen kühne Lebenssprünge.
Die Sprache ist nur Mittler fürs Verstehen,
zugleich ist sie das Wasser vieler Träume.

© llona Pagel

Euch gehören die Schlüssel

Euch gehören die Schlüssel

Erobert sich die Frau im Tschador
den Schlüssel für die Menschenwürde.
Sie wird zur Trommel, wird zum Sprachrohr,
sie sprengt das Schloss, sie nimmt die Hürde.

Auf Straßen klingen Zukunftslieder
die Wut gebiert dem Volk Rebellen.
Sie werfen fort das Eisenmieder
und werden sich dem Morgen stellen.
´
Die Lieder sind mit Blut geschrieben
und mit dem Schwarz verbrannter Schleier.
Sie zittern nicht vor Mullahs Hieben,
Versklavte werden zu Befreier.

Die Frau erobert alle Schlüssel
noch hängen sie in hohen Bäumen
und führen fort von Krug und Schüssel
erhebt euch Frauen aus den Träumen.

Befreit die Mütter von den Ketten,
denn Masha lebt in allen Frauen.
Ihr seid die Zukunft, könnt euch retten,
ihr könnt ein neues Land erbauen.

© Ilona Pagel

Mein Freund der Baum

Mein Freund der Baum

Ein Zeichen von Vertrauen in die Erde
bedeutet heute, einen Baum zu pflanzen.
Erwarte nicht, dass er dir mittags schon
den Schatten gibt und reichlich Früchte trägt.

Aus Ästen treibt ein feines Grüngewand,
es streckt nun himmelwärts die zarten Blätter.
Der Wind erwartet längst die erste Saat,
Kurier ist er und mit ihm viele Bienen.

In jedem Samen steckt ein neuer Wald,
verlass dich auf die starke Kraft der Erde.
Mein Freund, der Baum, er trägt zu Recht die Krone.
Er ist mir Lunge, liebkost und heilt die Seele.

© Ilona Pagel

Blut im Schuh

Blut im Schuh

Wund geriebene Füße.
Schuhe, die sie Jahre pflegte.

Ein Paar,
äußerlich adrett und ohne Makel,
bis an die Fesseln gebunden.

Inzwischen fühlt er sich wohl
in seinen Latschen.
Merkte nicht wie
die Schritte sich entfernten,

barfüßig
und anfingen zu laufen.

© Ilona Pagel

Unschuldig bist du

Unschuldig bist du

wie ein edler Wein,
würde der Tropfen nicht berauschen.

Wie eine blühende Rose,
verschenkte sie nicht ihren Duft.

Wie eine Amsel im Strauch,
würde sie nicht singen.

Wie ein Lagerfeuer am Strand
wären da nicht Wärme und Funken.

© Ilona Pagel

Wir haben den gleichen Weg

Wir haben den gleichen Weg

Karins kleine Reisetasche steht gepackt in einer Ecke des Schlafzimmers. Obenauf die Papiere fürs Krankenhaus.
Nachdem ihr Entschluss feststand, fühlte sie sich von tausend Kämpfen befreit. Nun gilt es Ruhe und Gelassenheit zu bewahren, so wie sie es von den stoischen Philosophen Marc Aurel und Epiktet gelernt hatte. Zu den wichtigsten Tugenden zählte, in Krisen und Nöten besonnen zu bleiben, dem Tod gelassen entgegenzusehen, seine Gefühle zu beherrschen.
Karin schaut noch einmal auf den Namen des OP-Oberarztes, Doktor Oppendorf.
Sie fühlt sich wie die chinesische Sportschützin Du Li, die vor ihrem Olympiasieg sagte, "Meine volle Konzentration, mein ganzes Ich gilt nur dem einen Ziel, nichts vermag mich zu stören oder aufzuhalten."
Bis in letzte Detail liegt ihr Plan vor ihrem inneren Auge.
Karin wählt die Nummer ihrer Freundin. "Hallo Gabi, ich nehme deine Einladung zum Medizinerball gerne an und freue mich schon. Wann soll ich bei dir sein?"
An ihrem Ohr erklingt Gabis fröhliche Stimme.
Vom Monitor des PCs leuchtet ihr das Foto des Oberarztes entgegen. Die halbe Nacht hatte sie im Netz geforscht. Fand sein Bild und Referenzen. Er scheint ein kompetenter, junger Arzt zu sein, der sein Handwerk versteht.
Ich habe ohnehin keine Wahl, denkt sie bitter. Ohne Operation bin ich in einem halben Jahr nicht mehr unter den Lebenden.
Sie versucht die auftauchenden Erinnerung vergeblich wegzudrängen. Wieder liegt sie als zwanzigjähriges Mädchen auf der Intensivstation. Erfährt vom Chirurgen, dass ihr die Eileiter entfernt wurden. Tubenkarzinom, sehr selten bei jungen Frauen, doch bei ihr rechtzeitig erkannt. Entdeckt bei einer Routineuntersuchung.
Wieder hört sie die Worte, "Sie sind jung und werden das wegstecken."

All die Jahre versuchte sie ihren Makel zu verstecken. Ging Frauen aus dem Weg, die einen Kinderwagen schoben. Ließ Männer wie heiße Kartoffeln fallen, sofern sie in ihre Zukunftspläne den Kinderwunsch einbezogen. Spielte die emanzipierte Frau, die die Männer nur zur Lustbefriedigung braucht. Kostete ihr "nicht mehr ganz Frausein können" aus. Spürte, wie sie oft von Müttern beneidet wurde. Sie schwebte viel zu oft auf hohen Schuhen nach der Stadt, sie küsste in den Bars nicht nur die Gläser tief auf den Mund.
Mehr als zehn Jahre brauchte sie, um zu sich zurückzufinden.
Karin erhebt sich mit einem Ruck. Es wird Zeit, sich auf den Abend und die letzte Nacht vor dem Klinikaufenthalt vorzubereiten.
Bei Gabi gibt es gut gekühlten Sekt zum Warmwerden. Karin ist überzeugt, sie spielt ihre Rolle als unversehrte Frau glänzend. Inzwischen ist sie sich sicher, sie wird durch Gabi auch Martin Oppendorf kennenlernen. Alles andere ist dann ein Kinderspiel.
Die beiden Frauen legen einen großen Auftritt hin. Darin sind sie mittlerweile geübt.
Karin trägt sehr hohe, weinrote, vorne gebundene Sommerstiefellettos, dazu ein hautenges schwarzes Kleid. Es dauert keine zehn Minuten und sie sind umringt von Ärzten.
Eine Stunde später tanzt Karin im Arm des Oberarztes Martin. Kurz nach Mitternacht verabschiedet sie sich mit einem Augenzwinkern von ihrer Freundin.
Als Karin mit Martin das Fest verlässt, denkt sie, alles läuft im Zeitplan.
An der Wohnungstür schaut sie Martin an. Genau diesen Schlafzimmerblick erwartete ich, denkt sie mit Genugtuung. Die Tür fällt ins Schloss und sie fallen sich in die Arme. Den ersten zarten Küssen folgen verlangende.
"Martin, was magst du trinken?" Martin lächelt, "nur noch dich, gehen wir ins Schlafzimmer?"
"Ich möchte mich nur noch frisch machen, bin gleich wieder bei dir. Magst du mir das Kleid aufmachen?" Martin öffnet es ganz sachte und berührt zärtlich Karins Brüste. Er küsst sie liebevoll auf den Hals und plötzlich, wie aus dem Nichts, sackt Karin zusammen. Sie spürt, dass Martin sie auffängt, aufs Bett legt.
"Was ist los mit dir, Karin, was habe ich falsch gemacht?" Karin möchte antworten, doch sie friert so sehr, dass ihre Zähne aufeinanderschlagen. Nach einer ganzen Weile wird Karin sich ihrer Situation gewahr. Sie sitzt eingehüllt in ihrer Bettdecke und Martin hält sie in den Armen. Es fühlt sich wunderbar an.Sie merkt, wie die Wärme in ihren Körper zurückkehrt, Martin sich vorsichtig von ihr löst.
"Jetzt willst du gehen", flüstert Karin.
"Nein, ich will dir einen Tee kochen. Der wird dir guttun."
"Ich muss mich heute festhalten“, schluchzt Karin, „morgen kann ich es nicht mehr. Morgen wirst du nur noch mein OP-Arzt sein. Ich habe die Diagnose Brustkrebs und eine Brustamputation ist zwingend nötig. Ich habe solche Angst, ich bin doch so gerne Frau gewesen."
Karin fängt den bestürzten Blick von Martin auf, der sich schnell abwendet und in Richtung Küche geht. Sie hört Geschirr klappern. Ihr ist zum Heulen zu Mute. Nichts habe ich aus meinen Schicksalsschlägen im Leben gelernt, denkt sie. Immer wieder haben Unschuldige für mein Unglück gebüßt. Ich habe mich mehr als schuldig gemacht.
Als Martin mit dem Tee ins Schlafzimmer zurückkommt, sagt Karin mit gefasster Stimme, "Ich kann verstehen, wenn ich mir jetzt einen anderen OP-Arzt suchen muss und du mich nie wiedersehen möchtest. Ich kann mich nur selbst nicht verstehen."
Martin schloss Karin fest in seine Arme.
"Ich werde dich begleiten, solange du willst. Du wirst auch danach eine Frau sein, ich verspreche es dir. Denke jetzt nicht darüber nach, geh unter die Dusche. Ich setze uns Kaffee auf. Danach nehme ich dich an die Hand. Wir haben den gleichen Weg zu gehen."

© Ilona Pagel

Limerick im Jänner 23

Limerick im Jänner 23

Ein Fräulein, sie wohnte in Plön,
empfanden die Männer als schön.
Am besten gefiel,
es war schon skurril,
sie schwatzte so herrlich obszön.

Der Hansi gedieh gut in Füssen,
er liebte das Flirten und Küssen,
er fragte stets brav,
wen küssen er darf,
als Sittich, da blieb es bei Nüssen.

Wer waren die Ritter vom Orden,
die immer nur töten und morden?
Mal schnell mit dem Pfeil
und grausam mit Beil,
dann flohen sie stets in den Norden.

Er sprengte die Bankautomaten,
das waren perfide Untaten.
Es krachte und hallt,
ein Ruf dann erschallt,
„Wir haben gerochen den Braten.“

© Ilona Pagel

Eine Bitte

Eine Bitte

Übervoll gedeckt
deine Lebenstafel
an Freude und Leid.
Warst immer Fels
Kopf und Hand.

Bitte gestehe dir
Schwäche zu.
Schreie heraus
deine Ängste,
deine Wut.

Bitte
glaube an dich
wie ich.

© Ilona Pagel
gewidmet Jacinda Ardern

Leichtigkeit des Seins

Leichtigkeit des Seins

ein kleiner bunter Falter Ausschau hält
gehört hat er von dieser Märchenwelt
der Dompfaff sang ein Wiegenlied
er spürt den feinen Unterschied

**********
hier ist das Leben wirklich leicht
doch wenn die Kraft bis oben reicht
wenn Daseinsfreude nicht erstickt im Keim
dann bringt sie mich nach Wolkenkuckucksheim

© Ilona Pagel

Die weise Frau

Die weise Frau

Die weise Frau, die Wissen angehäuft,
verliert nun schnell den Faden.
Gesteht, die Tage waren schwer beladen
und fühlt, wie’s rückwärts läuft.

Ihr ist, als wollte jetzt ihr Eigen ich
sich still, diskret entfernen.
Sie spürt, sie hat noch vieles neu zu lernen
und fragt, ist’s noch für mich?

Erahnt, es kommt die lange Zeit vom Ende,
die Worte bleiben aus.
Sie richtet ihre Habe, putzt ihr Haus
und reicht der Welt die Hände.

© Ilona Pagel

Mein Gleichgewicht

Mein Gleichgewicht

Mein Gleichgewicht wird niemand mir mehr rauben,
ich gebe niemals auf.
Auch dumme Sprüche nehme ich in Kauf,
um stets an mich zu glauben.

Und manche werden höhnen, boshaft lachen,
dies wird mich nur bestärken
in meiner Schaffensfreude, meinem Werken.
Mein Ich wird mich bewachen.

Was ich im Innern wohl beharrlich spüre,
in mir und meinem Sinnen:
Hier wohnt die große Kraft für mein Beginnen,
das ich zu Ende führe.

© Ilona Pagel Februar 2023

Buddhas Hand

Buddhas Hand



Ich sah im Garten Eden Buddhas Hand
bizarr und tröstlich, leer, doch auch charmant.
Als ob die vielen Finger nach mir griffen
und sagten: „Nichts ist glatt und läuft geschliffen.“
Wenn’s Leben dir Zitronen einmal reicht,
gedenke Buddhas Hand und nimm es leicht.

© Ilona Pagel

Die Suche nach Liebe

Die Suche nach Liebe

Es war einmal ein Mädchen, das an der Hand der Mutter zur Schule ging. Melina merkte, wie traurig ihre Mutter war, und fragte nach dem Grund. Mutter sagte: „Ach, meine kleine Melina, ich habe die Liebe verloren. Es ist schwer, ohne sie zu leben.“
An ihrer Schule angekommen, verabschiedeten sie sich. Das Kind gab der Mutter einen innigen Kuss, lächelte ihr ins Gesicht und meinte: „Ich werde die Liebe für dich finden, dann wirst du auch wieder fröhlich sein.“
Melina konnte dem Unterricht kaum folgen. Sie überlegte die ganze Zeit, wo Mutter die Liebe wohl verloren haben könnte. Wie ein Geistesblitz schoss ihr durch den Kopf, Mutter hatte gestern doch Semmeln vom Bäcker mitgebracht. Ob sie dort die Liebe einfach liegen gelassen hatte? Gleich nach Schulschluss würde sie fragen gehen.
In der Pause traf sie ihre Spielkameradin. „Elvira, du hast nicht zufällig die Liebe meiner Mutter gefunden?“ Elvira schaute Melina verdutzt an. „Nein, wie kommst du auf so etwas? Ich würde nichts behalten, was mir nicht gehört. Aber, … aber mein großer Bruder!“ Sie zögerte einen Moment.
„Papa sagte vor einer Weile zu ihm, du strahlst richtig von innen heraus, als hättest du die große Liebe deines Lebens gefunden. Doch das ist eine Weile her und ich glaube nicht daran. Er sitzt schon wieder jeden Abend in seinem Zimmer. Außerdem, was sollte er mit der Liebe anfangen? Und wie sieht eigentlich Liebe aus, ist sie nicht unsichtbar?“
Beide schauten sich verwirrt an.
„Fragen wir doch Herrn Lehmann, der weiß das bestimmt“, kam es wie aus einem Munde.
Schon liefen sie mit ihrer Frage zu ihrem Sportlehrer.
Der überlegte gar nicht lange. „Die Liebe sieht für jeden anders aus. Für mich ist sie blau wie das Meer und weiß wie die Segel an meinem Boot. Jede freie Minute würde ich dort am liebsten verbringen.“
Nicht wirklich überzeugt, bedankten sich die beiden Mädchen für die Antwort.
Melina grübelte. Liebe sieht also aus wie ein Boot, das auf dem Meer segelt.
Aber da konnte Mama ihre Liebe nicht verloren haben. Sie war ja gar nicht am Wasser.
Ich werde doch beim Bäcker fragen. Gedankenversunken saß sie im Unterricht, ohne bei der Sache zu sein.
Als Frau Müller sie ansprach und wissen wollte, wo man Heilkräuter fände, sagte sie beim Bäcker. Das Gelächter der Klassenkameraden war groß. „Na ja, so Unrecht hast du nicht, es gibt immerhin bei unserem Bäcker ein Kräutervollkornbrot. Da sind außer dem Vollkorn auch Heilkräuter wie Heidelbeerblätter, Ringelblume, Brennnessel und Kümmel drin. Diese Kräuter werden heute nur von wenigen Menschen in naturbelassenen Wiesen gesammelt und mit viel Liebe verarbeitet.“
Da war das Wort schon wieder. Mit Liebe verarbeitet. Kann man Liebe also einfach in einen Teig kneten und backen? Wenn ich also das richtige Brot kaufe und Mutter es isst, hat sie ihre Liebe dann wieder? Ob das wirklich geht? Fragen über Fragen türmten sich in Melina auf.
Auf ihrem Weg zum Bäcker kam sie an einer großen Wiese vorbei. Doch die Trockenheit der letzten Wochen hatte alle Blumen zum Verblühen gebracht. Nur die aufrecht stehenden Disteln ragten aus dem hohen, welken Gras hervor. Aus der Nähe sah sie das silberne Leuchten.
„Wie schön sie doch ist. Aber warum schützt sie sich nur mit so vielen Dornen? Würde sie die Liebe sein, welcher Mensch würde sie pflücken? Aber ich werde Mama eine davon nach Hause mitnehmen.“
Trotz aller Vorsicht stach Melina sich viele kleine Dornen in die Hand, als sie eine Silberdistel pflückte.
Kann Liebe einen Menschen so verletzen und ist dabei trotzdem zugleich ein verletzliches Pflänzchen, fragte sich das Mädchen. Mit wachsender Ungewissheit ging sie weiter.
Endlich erreichte sie die Bäckerei. Wohlige Wärme und ein wunderbarer Duft kamen ihr entgegen.
Hinter der Theke lächelte ein Bäcker. „Na, Fräulein, was darf es denn sein?“
Melina nahm allen Mut zusammen: „Ich glaube, meine Mutter hat gestern bei Ihnen ihre Liebe verloren. Sie sieht aus wie ein weißes Segelboot, strahlt von Innen und man kann sie wie Heilkräuter benutzen.“
Der Bäcker staunte nicht schlecht. Verstehend lächelte er das Mädchen an. Da fiel Melina ein Stein vom Herzen. „Bitte geben Sie mir die Liebe zurück, meine Mutter braucht sie so dringend. Sie kann sich schon über gar nichts mehr freuen."
Der Bäcker versprach, die Liebe direkt nach Feierabend bei der Mutter vorbeizubringen.
Ungeduldig wartete Melina. Endlich klingelte es.
Der junge Mann stand vor der Tür und hielt in seinen Händen ein Segelboot aus Marzipan.
Sie wollte es gleich in Empfang nehmen, um es Mutter zu überreichen. Der Mann aber sagte: „Liebe ist so verletzlich, die muss ich deiner Mutter selbst überreichen.“
Als ihre Mutter nun den Bäcker sah, strahlte sie, wie Melina sie noch nie gesehen hatte.
Auf das Boot hatte der Bäcker drei kleine Blumen aus Marzipan gelegt. Melina, Mutter und der Bäcker aßen sie mit großem Genuss.
Als sie in ihrem Bett lag und über den aufregenden Tag nachdachte, ahnte sie, heute hatten ihre Mutter und sie die Liebe gefunden.

© Ilona Pagel

Arme alte weiße Männer

Arme alte weiße Männer

Wer schützt uns alte weiße Männer
vor Machtverlust und Regenbögen?
Die Welt ist voll Emanzenkenner.
Wer schützt uns alte weiße Männer
vor Prollos und vor arme Penner,
die sitzen nur vor vollen Trögen.
Wer schützt uns alte weiße Männer
vor Machtverlust und Regenbögen?

© Ilona Pagel

Die Dritten

Die Dritten

Hast keine Beißer in der Fluppe,
du trägst nun künftig deine Dritten?
Genussvoll schlürfst du jede Suppe,
gehörst ab jetzt zur greisen Truppe?
Du tust als wäre Fleisch dir Schnuppe,
zerbeißt nicht, sondern lutscht die Fritten
als hätt´st du Beißer in der Fluppe.
Jetzt trägst du heimlich deine Dritten.

© Ilona Pagel

Ich bin doch Mutter

Ich bin doch Mutter

Ich kann den Krieg doch nur verachten,
ich bin doch eine Mutter.
Mein Kind wird im Gefecht zum Mörder.
Es wird geschützt die Drohne lenken,
und steuert sie gekonnt auf Menschen.

Doch Mütter hoffen auf ein Wunder,
bis der Kurier das Schreiben bringt.
Auch Feinde haben eine Mutter.
Ich höre sie entsetzlich schreien.
Mein Kind, hat ihren Sohn erschossen.

Das Schlachtfeld kennt nur Mord, nie Ehre,
das Todesröcheln bleibt für immer.
Die Kugel, die den Feind durchschlägt,
sie tötet alle Mütter dieser Welt.
Ich kann den Krieg doch nur verachten.

© Ilona Pagel

Eure Hände

Eure Hände

Die Mutter, die nichts sehen wollte
als Vater das Ochsenleder tanzen ließ.
Der Lehrer, der geschickt den Zeigestock nutzte.
Der Pastor, der mir Schweigen gebot.

Es waren eure Hände, die heute noch
auf meine Seele brennen.

© Ilona Pagel

Petri Heil

Petri Heil

Der Angler steht, der Angler harrt,
er wartet auf die Beute.
Es scheint, dass auch der Wurm ihn narrt,
selbst Fische grinsen heute.
Das Wasser blinkt und glänzt so frisch,
die Hausfrau will den größten Fisch.
Am Haken hängt ein Kochtopf.

Zur Ostsee zieht es stets den Schwarm,
der Hering wird hier laichen.
Für Angler heißt es nun Alarm,
kein Schritt gilt es zu weichen.
Er steht sich hier die Füße platt
der Eimer leer und nichts macht satt,
es schaut die kleine Krabbe.

Die Krabbe ist jetzt auch schon vier
und angelt mit dem Vater.
Er wirft die Angel weit vom Pier,
so tat es sein Berater.
Da macht es Ruck, der Hering beißt
ein Riese an der Rute kreist.
Das Petri Glück für alle.

© Ilona Pagel

De Kakkist

De Kakkist



De Kakkist von min Öming
käm mi in de Dööts
wägen de Priesen von hüüt,
wo doch allens soone tüere Tied wer
ok de Energiepries uns ubfreten.

Ik vertell min Ollen
watt ik giern harrn wull.
Min Oller is plietsch bin bugen.
Eh is mit mi Kakpott lostreckt.
In sin Warkstääd hät he bannig veel Kram.
An Fierabend kümmt he fierliks
mit sin un min niegen Kakkist.

Morgen gifft en Swiensbraden
un de smoor ik nu en knasche Tied an,
rub kümmt Bollen und Wurdel.
Liegs in de Kist un datt allerbest,
en Stünn töben und allet anner
in sutje Roh de Fisselkram klütern.
Dar ob freu ik mi.

© Ilona Pagel

Die Kochkiste

Die Kochkiste von meiner Oma
kam mir in den Sinn
wegen der Preise von heute,
wo doch alles so teuer wird
besonders die Energiepreise.

Ich erzähle meinem Mann davon
und was ich gerne haben möchte.
Mein Mann ist ein Schlauer beim Handwerken.
Er ist mit einem Kochtopf losgezogen.
In seiner Werkstatt hat er viel Material.
Als Feierabend war, kam er feierlich
mit seiner und unserer neuen Kochkiste.

Morgen gibt es Schweinebraten,
den schmore ich nur kurz und kräftig an,
darauf kommen Zwiebeln und Wurzeln,
gleich vom Ofen in die Kiste und das Beste,
eine Stunde warten und alles andere
in gemütlicher Ruhe erledigen.
Da freue ich mich schon drauf.

Liebesperlen

Liebesperlen

Es gibt das Schmuckwerk später Jahre,
ich werd` es immer in mir tragen.
Mit Leib und Seele berührte ich
die Zeit auf deiner Seite,
Schätze später Tage
setzten sich in mir fest.
Doch damals wusste ich nichts
von Liebe und der Lebensreise.
Selbst heute wärmen diese Perlen,
verlieren nicht ihr Strahlen,
lassen mich ehrfürchtig erschaudern,
als ob es heute wäre.

© Ilona Pagel

Trällern wie Vögel

Trällern wie Vögel

Ein Vöglein trällert klar und hell,
vergiss die Sorgen auf der Stell.
Das Leben ist im Hier und Jetzt,
auch wenn es dir ein Tritt versetzt
dann stehe auf, ja pfeif in Dur
bemühe dich, so kommt’s retour.
Ist piepegal ob’s stimmt und klingt,
solange auch dein Herz mit swingt.
Du tankst dann Kraft, für lange Zeit
und denkst, der Vogel ist gescheit.

© Ilona Pagel

13 Augenblicke auf diesen (Kriegs)Sommer 2023

13 Augenblicke auf diesen (Kriegs)Sommer

I
Möwen stürzen sich
auf Nachbars Kirschenbaum.
Steine fallen aufs Glasdach.
Ich fange an zu zählen,
erst die Möwen
dann nur noch Steine

II
Bunte Segeltücher wehen.
Die Männer drehen die Segel
mit dem Wind.
Irgendwann sind sie verschwunden,
nur das Blau bleibt zwischen
Himmel und Meer.

III
Morgens bei Sonnenaufgang
fühle ich den Tau
unter meinen Füßen.
Verbunden und am
Leben zu sein,
brauche ich jetzt.

IV
Sommergespräche,
die Zeit spielt keine Rolle
Geschwisterliebe

V
Noch leuchtet der Mohn
und wir begraben alten Streit,
suchen das Band
finden Liebe.

VI
Am Himmel Kondensstreifen
Düsenjets demonstrieren
Kampfbereitschaft
ich bete

VII
Windjammerparade
zur Kieler Woche
mit Spiel, Tanz und Musik.
Morgens zu viel Abfall und
Schnapsleichen.

VIII
Hinterm Haus verbrannter Rasen.
Nachbarn geraten in Streit.
Erhitzt die Sonne die Gemüter?
Warum denke ich jetzt an
Larissa und Mariupol?


IX
Sommerwind,
Kornblumen und Mohn
wiegen sich im Weizenfeld.
Ein Spaziergang mit Larissa
bis sie gebrochene Halme sieht.
Hinter jedem Halm liegt ihr Sohn.

X
Gewitterschwüle liegt in der Luft.
Plötzlich scheint die Welt wie ausgestorben.
Faszinierend die Stille und
beängstigend.
Ich warte auf Blitz und Donner
und auf den erlösenden Regen.

XI
Regentropfen prasseln.
Auf der Spielstraße,
die Zeichnungen verschwinden.
Manchem Nachbarn ist es
nicht genug.

XII
Schätzen wir den Wert des Wassers,
obwohl wir nicht die leeren Brunnen sehen?
Noch läuft das Leben aus dem Wasserhahn

XIII
Sommermorgen
auf der Terrasse ein Frühstück,
selbstgemachte Konfitüre,
Johannisbeeren aus dem Garten
und ein Strauß Lupinen.

© Ilona Pagel

Feuerbrunst

Feuerbrunst

Feurige Strahlen, verbrennen die Luft,
schaffen auf Erden die höllische Gruft.
Siehst du die Flammen und riechst du den Rauch?
Alles wird Asche, selbst Tiere und Strauch.
Zündelt der Himmel und prasselt die Glut,
Menschen verlieren ihr Hab und ihr Gut.
Flammengespenster, euch stoppt nur die See.
Übrig geblieben ist Kummer und Weh.

© Ilona Pagel

Verbrechen Liebe

Verbrechen Liebe

geküsst, geliebt, gelacht
Worte gesprochen
sehr leise nur, "Kocham Cie"
zu einem deutschen Mädchen
am Sonntag im Buchenwäldchen

schwarze Uniformen
holten beide über Nacht
aus ihr/em Traum
von Liebe und Zweisamkeit
am Sonntag im Buchenwäldchen

das deutsche Mädchen
büßte ihr Verbrechen
diesen Mund
berührt zu haben
viele Sonntage in Buchenwald

der Zwangsarbeiter Josef B.
so steht es in Landau
im Sterberegister der Kirche
erhängt am 06.08.1941
am Sonntag im Buchenwäldchen

Abschied und Neubeginn

Abschied und Neubeginn

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Die Menschen hörten von Rungholt,
erzählten von Atlantis und Vineta.
Achthundert Jahre ist es her.
Der Mond belächelt des Menschen Arroganz.
Manchmal gerät er in Aufruhr
stürzt Himmel, Erde und Meer
in ein Durcheinander.
Dann löscht er ganze Landstriche.
Schon lange vorher verkündet er die Flut.

Der Wind wird weiter wehen,
Wiesen und Wälder neu entstehen.

© Ilona Pagel

Menü der Sinne

Menü der Sinne

Zum Cocktail
reiche ich dir meinen Schlafzimmerblick,
gesüßt mit einem Ausdruck der Lust,
bedeckt mit einem Hauch seidener Erwartung.

Als Vorspeise
darfst du meine Lippen erhitzen,
meine fordernden Küsse schmecken,
streichelnde Gesten meiner Finger
spielen den Tanz steigender Erregung.

Als Zwischengang
kredenze ich meine heiße Haut,
die sich einer Rose gleich entfaltet.
Sie umschließt genussvoll
den stählernen Herd.

Zum Hauptgang
serviere ich ein Duett von dir und mir,
wie köstlich prickelnder Wein.
Eine Sinfonie, die uns zu höchsten Genüssen trägt,
entfaltet den Duft von eins gewordenen Körpern.
Lustschreie begleiten unser Mahl.

Dessert – Variation
Liebesgeflüster
Hunger gestillt für diesen Moment

Meine Frage: möchtest du Nachschlag?

© Ilona Pagel

Herbstwald

Herbstwald

Der Herbstwald will im bunten Kleid sich zeigen,
er streicht die Blätter, malt die Tage heiter.
Ein Eichhorn tänzelt, hüpft im wilden Reigen.
Der Erlenzeisig fliegt ein Stückchen weiter
und richtet sein Gefieder flink, doch eigen.
Der Frost betritt des Nachts die Jahresleiter
und alle Häupter müssen sich nun neigen,
nur Nadelbäume stehn als wackre Streiter.

© Ilona Pagel

Der Lebensfaden

Der Lebensfaden

Der Herbstwind dreht nun täglich seine Runde,
es knarrt die Tür und auch der Fensterladen
erzählt Geschichten, jetzt zur Dämmerstunde.
Mit Todeskälte ist die Luft beladen,
sie beißt und öffnet längst vernarbte Wunde.
Was hält denn jetzt den tiefen Lebensfaden?
Ein Schrei entflieht aus meinem stillen Munde
ein Sehnen ist’s, auf das ich doch gesunde.

© Ilona Pagel

Safar

Safar

Safar stand für eure Reise.
Sehnsucht nach Heim und Heimat
spiegelte sich in euren Stimmen.
Aber auch ein grenzenloses Verlangen
nach dem bunten Leben.

Aufhören wolltet ihr,
zu den Steinen zu singen.
Die Angst fühlte ich in euren Fingern.
Sie seufzte aus der Ud
sie trommelte aus der Daira,
sie flötete aus der Nay.
Ihr hattet Angst,
euch selbst zu verpassen.
In Noten legte sich ein eigenes Alphabet,
brannte sich in viele Herzen.


Eure Bühne, die Bretter zur Welt
habt ihr erlebt,
euch wachsen gesehen.
Ihr habt euch gestützt und
losgelassen,
Weam, Saad, Moden, Martin,
bei der Reise ins Leben.
Nun darf sich die Band trennen.
Vom Hoffnungswind begleitet
muss jeder seinen Weg finden.
Gemeinsame Erinnerungen bleiben.

© Ilona Pagel

* Safar bedeutet im arabischen Raum Reisen. In der Swahili Sprache bedeutet es auch Abenteuer- und Entdeckungsreisen. Daher heute auch noch die Safari.
Im Jahre 2017 kamen 4 junge Männer, mit Musikinstrumente, in die Lagerräume vom Verein Kiel hilft e.V. Sie fragten, ob sie bei uns gemeinsam Musik spielen und proben dürften.
Damit begann eine wunderbare Zeit mit einer Band, die sich Safar nannte.

Die Frau an sich

Die Frau an sich

Die Frau an sich, so denke ich als Mann,
sie zieht mich unentwegt in ihren Bann.
Da gibt es kluge, stille, Fabelwesen,
sie wirken mit Bedacht und ohne Besen.

Ich höre niemals Schelten, niemals Toben
und helfe ich im Haus, sie wird mich loben.
Die Frau mit Herz, so eine wahre, treue Perle,
die fanden immer nur die andern Teufelskerle.

© Ilona Pagel

Schneckenhausgespräche

Schneckenhausgespräche

Warum Kind, finden deine suchenden Blicke
in den zerlesenen Blättern
nicht eine Ringelblume,
um jener Tage zu liebe,
als wir uns fühlten,
als Nähe keine Feuerwand aus Nesseln bildete?

Abrechnung?
Ich kenne diese Lust der Bezichtigung.
Das verletzte Ich, dem alles zuteilwurde,
nur nicht ausreichend Wärme.
Damals übersah ich die Zaubernuss,
ich vergaß die Mistel in unser Haus zu hängen.
Spürte nicht deinen Hunger nach dem Frühjahr.

Doch sagen mir viele Freunde,
Zeitzeugen der Jahre,
in denen wir beide ineinander verflochten
unsere Geschichte murmelten,
du warst immer mein Kind,
ich Siddhartha die Suchende.

Kannst du nicht das Muttersein und
dich selbst und mich retten?
Mir, unsere Schneckenhausgespräche verzeihen,
die immer auch das Schweigen einschlossen?
Ich wünschte, du findest die Kraft.

© Ilona Pagel

Sei still, wir sprechen nicht vom Altern

Sei still, wir sprechen nicht vom Altern

Nun bin ich völlig durchgeknallt
sie sagen im Geheimen:
Sie macht auf Jung mit viel Gewalt.
Wo ihre Falten keimen,
da helfen Salben nicht und Kur
da muss sie´s eingestehen. Nur,
wer spricht schon gern vom Altern.

Die Dritten sind in ihrem Mund
sie mag es gern bestreiten.
Dazu kommt jetzt noch Muskelschwund,
es kommen kalte Zeiten.
Vergesslichkeit, was wollt ich nur?
Mir fehlt doch nichts, wo war die Spur?
Wer spricht schon gern vom Altern?

Der beste Freund ist jetzt mein Arzt
die Knochen zu kurieren
ich höre förmlich wie es knarzt.
Ich darf nicht dehydrieren
drum trink ich Wasser wie ein Fass
und mache mir das Höschen nass.
Wer spricht schon gern vom Altern?

Wer holt mich Alte in sein Boot?
Ich steh auf Wartelisten
für Krücken, Altenheim und Tod.
Es streiten sich die Christen.
Wem könnte ich noch nützlich sein,
mit Gehgefährt und Zipperlein?
Sie sprechen nicht vom Altern.

Geduld, Geduld, hab´s fasst geschafft,
begreife jetzt das Ende.
Die Rente wurde auch gestrafft,
ergibt sich hier die Wende?
Na klar, ihr meint es alle gut!
Verliere nur den Lebensmut
und spreche nicht vom Altern.

Die Nacht erwacht

Die Nacht erwacht

Die Nacht erwacht, noch taumelt sie im Schlaf,
bedeckt, gewärmt, vom letzten süßen Traum.
Ein Ort, der jeden Frieden übertraf,
mit Platz für alles in dem Weltenraum.
Die Neugier legt sich sanft in ihren Flaum.
Wie zeigt sich heute dieser frühe Morgen?
Sie öffnet ihre Augen, glaubt es kaum,
ein Kind erwacht und fühlt sich ganz geborgen,
in Mutters lieben Schoß, verschwinden alle Sorgen.

© Ilona Pagel

Halt die Träume

Halt die Träume

Einmal weißt du, Türen öffnen sich für immer
Träume sind kein Wahn, kein Nachtgeflimmer,
Nicht vergittert sind die Lebensbahnen
und dort draußen wehen bunte Fahnen.

Refrain: Einmal siehst du, Riegel sind verschwunden,
keine Grenzen, überall nur wir.
Halt die Träume, sie gehör`n zu dir.

Einmal spüren, Träume schreien nach Enthüllung
sind geliebt, wie Tränen der Erfüllung.
Lass uns erdne Fesseln lösen,
hadern wir nicht mit dem Bösen.

Refrain: Einmal siehst du, Riegel sind verschwunden,
keine Grenzen, überall nur wir.
Halt die Träume, sie gehör`n zu dir.

Einmal peilen, Träume gehen, wie sie kommen,
Sind ein Opium, machen dich benommen.
Blumen sprießen, Asphalt bricht vor lauter Blüten,
diese Pracht sollst du für immer hüten.

Refrain: Einmal siehst du, Riegel sind verschwunden,
keine Grenzen, überall nur wir.
Halt die Träume, sie gehör`n zu dir.

© Ilona Pagel

Nach dem Song von City "Am Fenster" es ist der Song meiner Jugend und wird immer mein Lieblingssong bleiben. Ich habe ihn mir auch zu meiner Beerdigung gewünscht. Damals habe ich am Fenster gestanden und geträumt von einer freieren Welt und von einem freieren Leben.

Sag, wie lange muss ich warten?

Sag, wie lange muss ich warten?

Entfernt höre ich
den Ruf
aus Kindertagen,
der Strandhafer säuselt
dem Kiebitz den Brutplatz zu
und ich zähle
für jedes „kiewitt“
einen Winter.

© Ilona Pagel

Abbitte an den Spinat

Abbitte an den Spinat

Oh, du gesundes grünes Blattgemüse,
lagst zu meinen Kindertagen
hundertmal schon auf dem Teller.

Warum nur, sah ich nimmer deinen Wert?
Warum sah ich Popeye nie vor meinen Augen?
Nur immer Kühe sah ich grasen.
Grasen, rülpsen und den Fladen,
der so grün auf meinem Teller lag.

Mit mir am Tische saßen
statt meiner Schwestern, Hasen.
Nein, nein, sie aßen nicht, sie grasten
mit ihren Hasenzähnen.
Aus diesem Trauma bin ich spät erwacht,
mit einem Blubb aus Sahne.

© Ilona Pagel

Freitag, 1. Juni 2018

Der Bauernhof

Gemächlich fällt die Nacht vom Bauernhof
und silbrig glänzt der Tau im Apfelbaum.
Der Bauer prüft das Korn auf seinem Feld,
ein Prunkgewand! Geerbtes grünes Land,
soweit das Auge reicht und fetter Grund.
Der Bauer schaut zum Nachbarn übern Zaun.

Und alles was dort blüht, dort hinterm Zaun
bejaht er, zugewandt dem Nachbarhof.
Nicht jeder Sprössling wird ein schöner Baum,
nicht jeder Samen wächst auf jedem Feld.
Doch seine Liebe bleibt auf diesem Land
die Tochter ist der reinste, tiefste Grund.

Die Schlüsselblumen blühn im Wiesengrund,
ein heitres Strahlen schwebt am Gartenzaun,
die Bienen summen emsig. Hoch im Hof
sind tausend Flügel zwischen Strauch und Baum.
Die Lerche singt ein Lied im Sommerfeld
versteckt sich zwischen Mohn und Ackerland.

Die Kühe stehn auf fettem Weideland,
der Hütehund, verweilt im Hintergrund.
Er leitet Kuh und Ziege fort vom Zaun.
In Eile treibt er abends sie zum Hof.
Er selbst schläft gerne untern Apfelbaum
und blickt am Morgen gleich ins freie Feld.

Schon tausend Jahre reiht sich Feld an Feld
und Reh und Hase teilen sich das Land.
Für eine Mauer gibt es keinen Grund,
man hilft beständig sich von Zaun zu Zaun.
So wächst Vertrauen, wächst auch Hof an Hof
zusammen, fest wie Eichen, Baum an Baum.

Wie dieser Baum! Gepflanzt als Hochzeitsbaum
gedeiht und trägt im sturmerprobten Feld.
Der Bauer nimmt das frische Heu vom Land,
vertraut ist jeder Halm, bis hin zum Grund.
Er grüßt die Schwiegereltern übern Zaun,
dann bringt er mit der Frau das Korn zum Hof.

Es steht auf einem Hof ein alter Lattenzaun;
verwachsen in dem Grund! Mein Vaterland,
ein grünes Feld und mittendrin ein Apfelbaum.

Abschied

Könnten wir nur
das Meer bewegen,

nicht schon heute
die Flut zu schicken.

Wind und Stürme
gefangen halten.

Wolken bitten
die Schleusen nicht zu öffnen.

Müssten wir nicht
vom großen Glück
Abschied nehmen.

Geliebte

Du heiß geliebte Schokolade,
die Glücksgefühle tanzen wild,
dein Wohlgeruch verströmt im Bade,
du bist so kräftig, süß und mild.

Die Glücksgefühle tanzen wild,
ich möchte dich sofort vernaschen,
du bist so kräftig, süß und mild,
Will heimlich einen Kuss erhaschen.

Ich möchte dich sofort vernaschen,
du bist für mich das Sahnestück,
will heimlich einen Kuss erhaschen.
So sieht es aus, das große Glück.

Du bist für mich das Sahnestück,
die Sinne schlagen Purzelbäume,
so sieht es aus das große Glück.
Weißt du wovon ich heute träume?

Die Sinne schlagen Purzelbäume,
dein Wohlgeruch verströmt im Bade:
Weißt du wovon ich heute träume,
du heiß geliebte Schokolade?

Lebensbilanz

Das Leben kost ich gerne, Zug um Zug,
nur selten blieb mir was im Halse stecken,
nach Süße müssen Tage auch mal schmecken,
ich esse Eis und nenn es nicht Betrug.

An bösen Tagen finde ich es klug
die offne Wunde säuberlich zu lecken,
bevor Entzündungsherde mich erschrecken
dann sagt mein Spiegelbild: “genug, genug“!

Ich möchte nie als Miesepeter enden,
denn Heiterkeit und Lachen sind gesund,
ich würd dir gerne Neonflitter spenden,

ich streu es aus und mach den Tag dir bunt.
Und wird mein Leben irgendwann auch enden
am Grabe trag ein Lächeln auf dem Mund.

Mein Monster

Mein Hirngespinnst, es schreit: “Verlust“.
Ich kann vom Laster lassen,
sonst würde ich mich hassen,
mein klares Denken spürt`s bewusst.
Und doch sind Zweifel in der Brust.
Wie bringe ichs zustande,
versage ich mit Schande?

Ein Monster sitzt in meinem Hirn,
gefesselt mich zu halten,
den Willen abzuschalten.
Es flüstert hinter meine Stirn:
„wir sind ein gutes Zwiegestirn,
sind doch wie Pfeil und Bogen.
Ich glätte Seelenwogen.“

Ich glaubte ihm, ist`s Hexenwerk?
Er war auch stets zur Stelle,
nun ist er meine Hölle.
Gebracht hat dieser kleine Zwerg
viel Qual und einen Trümmerberg.
Die Freunde sind gegangen
ich hab am Stoff gehangen.

Ein Freund war er zu jener Zeit
jetzt werd ich ihn begraben.
Es bleiben sicher Narben.
Doch ich will leben, bin bereit
zu kämpfen, bis ich mich befreit
von ihm und dem Verlangen.
Bin ohne Angst und Bangen.

Dienstag, 27. Februar 2018

Robert

Ich kaufte Robert auf dem Kölner Flohmarkt.
Der Händler warb: „Madame, das hier ist Robert.
Er bietet alles! Alles für ihr Glück. …“
zu Hause lud ich seinen Akku auf
und so gestand er mir zum ersten Mal
betriebsbereit geladen, seine Liebe.

„Oh Eva“, sagte er, „ich liebe Dich so sehr.“
„Du bist kein Mensch, du kannst nicht wirklich lieben,
du bist ein hübscher Living Doll, ein Dröhnchen.“
Er zog sich aus, beleidigt, Stück um Stück …
„Dann lass uns Liebe machen, einmal, bitte.“

Ich raunte „nein", was ihn nur stärker antrieb.
Wir triebens bis der Akku restlos leer war.
So wurden wir ein Paar, es folgten Jahre
voll Glück, bis Rob (ich nannte ihn nicht Robert
seit dieser Nacht) … mir sagte: „Schatz, ich geh,
ich ziehe aus. Ich liebe dich nicht mehr,
ich habe mich in deine Mikrowelle
verliebt. Wir beide wollen dich verlassen.“

Ich riss den Mikrowellenstecker aus
der Dose, stellte beide wutentbrannt
zum Sperrmüll auf die Straße - Seit an Seit.
So treulos können nur Maschinen sein!

Mittwoch, 21. Februar 2018

Schenk mir richtig ein

Liebling, diese Traube will ich schmecken,
Hochgenuss der Reife hier entdecken.
Lass uns spüren, trunken sein vom Duft,
atmen süße Sommerabendluft.
Schenk mir ein.

Schwelg mit mir im Feuer dieser Rebe,
bis es jauchzend trällert: "Ja ich lebe."
Lass den Wein durch unsere Adern fließen,
diese Stunde wollen wir genießen
Schenk mir ein.

Kannst Du mich wie dieser Wein verführen?
Wildes möchte ich heut Nacht nur spüren.
Lass mich trunken sein vom jetzt und hier.
Nur mit dir, dem Wein und ganz viel wir.
Schenk mir richtig ein.

Donnerstag, 8. Februar 2018

Katzenmusik (Villanelle)

Zur Maiennacht verliebte sich mein Kätzchen
in einen Streuner, wie ihn viele lieben.
Er konnt gut schmusen, machte gern ein Schwätzchen.

Ich hielt es nicht, es jaulte, machte Mätzchen.
Das arme Ding! Ach, wär es nur geblieben.
Zur Maiennacht verliebte sich mein Kätzchen.

Ach säß es brav im Korb, auf seinem Plätzchen,
verwöhnte ichs mit Leberwurst und Grieben.
Es konnt gut schmusen, machte gern ein Schwätzchen.

Nun kam es an. Versteckte unterm Lätzchen
den Nachwuchs. Von der Stückzahl warn es sieben.
Zur Maiennacht verliebte sich mein Kätzchen.

Das Kleinste, ganz gefleckt, ich nannt es Spätzchen.
Es war ein Kater und ganz schön durchtrieben.
Er konnt gut schmusen, machte gern ein Schwätzchen.

Und Damen nannte er beharrlich Schätzchen.
Er hat sich tagelang nur rumgetrieben.
Zur Maiennacht verliebte sich mein Kätzchen,
es konnt gut schmusen, machte gern ein Schwätzchen.

Gibt es Gott, oder bleibt nur mein Sehnen?

Gelassen, nicht wie früher, suchte ich im Heute
den Gott, an den ich glauben will und glauben kann.
Befragte, forschend nach der Wahrheit meine Leute.
„Mein Jesus“, so die Mutter, „starb im Krieg als man

die Gustloff traf und ich die Todesschreie hörte.
Uns halfen weder Bitten noch ein Vaterunser.“
Ich las in ihren Augen, wie sie sich empörte.
Das Leid, es blieb und lebte fort als Lebenspanzer.

Verflucht von Gott, ertrug sie still ihr hartes Leben,
mein Vater fand den Schöpfer stets in Wald und Flur.
Dort war er ganz der schönen Lebenswelt ergeben,
er fühlte sich beschenkt vom Himmelssohn Natur.

Mit freien Geist geboren, wuchsen Zweifel, Fragen.
Den Hunger konnten weder Buch noch Weise stillen.
Auf einmal hörte ich mein Innres leise sagen:
ich nenn es Urvertrauen auch um meinetwillen.

Ich gehe ohne Ängste durch das bunte Leben
und spüre, Fremdes, Neues möchte ich entdecken.
Jetzt kann ich dir die weiche Kuscheldecke geben,
ich brauche mich vor Dir, mein Gott, nie mehr verstecken.


Erklärung:
Die Wilhelm Gustloff war ein Kreuzfahrtschiff der nationalsozialistischen Organisation Kraft durch Freude (KdF), das im Zweiten Weltkrieg als Lazarettschiff, Truppentransporter und Wohnschiff der Kriegsmarine eingesetzt wurde. Bei ihrer Versenkung durch das sowjetische U-Boot S-13 vor der Küste Pommerns am 30. Januar 1945 kamen mehr als 9.000 Menschen ums Leben. Nach dem Bericht meiner Mutter wurde ein Waisenhaus in Danzig mit etwa 80 Kindern von der Gustloff evakuiert. Sie hat später erfolglos nach Überlebende aus dem Waisenhaus gesucht. Sie wurde von einem Fischerboot gerettet.

Lass uns noch einmal

Hand in Hand
laufen durch den Dünensand.
Eng umschlungen liegen, bis
Gaffer uns verschrecken.

Lass es uns noch einmal
auf dem Rücksitz treiben
ohne zu wissen
wo die Beine bleiben.

Lass uns noch einmal
solange wir uns lieben

Im Jahre 2050

Das pralle Leben scheint mir nur noch Bürde,
und so ist mir das Dasein eine Last;
nach hundertdreißig Jahren hier in Würde
mein Tod erwünscht, das Leben mir verhasst.

Gesundheit kaufte ich, sie war mein Schatz,
ich konnts mir leisten. Knochen aus Titan
und tausend Pillen hatten ihren Platz.
Vernetzung hat dem Körper wohlgetan.

Mein Fleisch und Blut, geformt von neuster Technik,
verschafften mir das Plus zum Hungerleider.
Doch langsam steigt in mir die reinste Panik,
denn seit ich sterben möcht, ich lebe – leider.

Vergreis ich nie? Bin ich den Göttern eben?
Ich nahm, was kaufbar es im Heute gab.
Nur, wollte Gott, dass wir für immer leben?
Wo sind die Grenzen? Wer bricht hier den Stab?

Die Heilkunst wurde unser ganzer Glaube.
Der Weisheit Mutter ist das beste Leben.
Der Arzt empfängt nun eine Menschentraube
wie früher Priester, die zu Gott hin streben.

Ach helft, ihr Götter, helft mir Abschied nehmen.
Ich bin ein Kind der bitterkalten Zeit.
Gelebt, gehaust hab ich, ich sollt mich schämen,
mein Teil zu schenken, war ich nie bereit.

Den Schnitter möcht ich leise kommen hören
und wissen, meine Seele geht in Frieden.
Und horch: Ich könnte es schon fast beschwören,
mein Geist ist von dem Körper längst geschieden.

Nachruf

Ihr Weg war gepflastert mit Alltagssorgen,
später wollte sie tanzen und lachen.
Heimlich pflanzte sie ihren Wunschbaum
mit allem was sie niemals tat.
Im Wipfel hingen Träume,
vergessen dort oben.
Doch eines Tages,
vielleicht morgen,
wollte sie
glücklich
sein.

Open-Air-Festival der Ginkgoblätter

Der Herbstwind trägt
die Blätter himmelwärts,
ihre golden leuchtenden Röcke
hüpfen und schwingen.

Fliegt nur
ihr Engel
ins Licht!

Der Herbst

Mit einem Dreitagebart
zeigen sich Felder.
Zerfurchte, kahle Orte
bedeckt der feuchte Nebel.
Er hängt Grau in Grau Fäden
ins faltige Gesicht
und wartet auf
den Winterschlaf.

Donnerstag, 16. November 2017

Freiheit

Achtundzwanzig Jahre lebe ich,
lebe frei
nach meinem Willen.
Aufrecht,
mein Gewissen als Kompass.

Freiheit –
ich schmecke sie heute
selbstverständlicher als damals.
Damals, als ich nach ihr lechzte,
heimlich
in fremden Wörterbüchern
suchend nach mir selbst.

Auf der Straße, die Mauer
der Staatsgewalt meinte,
mich schützen zu müssen
vor der Freiheit.
Die Mauer schrie ich fort
aus meiner Seele.
Ja, sogar die Mauer in meinem Kopf,
die Maske vor meinem Gesicht,
die Krücken in meinen Händen.
Der ganze Kitt brach auseinander.
Nur Kitt hielt meine Insel
und ich floh.

Freiheit –
welch ein Segen!
Nur den Segen ahnte ich,
nicht die Last.
Auszuhalten ungeliebte
Reden ohne Gewalt,
Gegenargumente suchend.

Nun bin ich frei,
frei zu bleiben, zu gehen,
frei zu reden und zu schreiben,
frei zu fragen und zu hinterfragen,
frei zu wählen.

Ja, ich darf wählen,
fällt es mir auch schwer
im Dschungel der Wirrnis.
Ich darf, selbst irren ist kein RECHTSbruch,
ein Verbrechen könnte es sein
an der Menschlichkeit – meine Wahl.

Doch was ich auch wähle,
was du auch wählst,
bedenke –
denke an die Zeit,
als mein Mund zu oft schwieg aus Angst,
meine Augen immer den Lauscher suchten,
ich nur hören, lesen, sehen durfte, was ich sollte,
die Gefängnismauern undurchdringlich,
Kunst und Wissenschaft ein Sumpf waren.

Ich wählte das Recht
zu lieben und geliebt zu werden.
Ich wählte das Recht
zu teilen und Teil des Ganzen zu sein.
Ich wählte meine Freiheit.

Im Wirtshaus (Homophone)

Von meiner Mutter gab es Schelte,
als Paps sie zärtlich lächelnd küsste.
Die Haustürklingel Dingdong schellte,
der Nachbar war es von der Küste.

Er brachte zwei recht große Aale,
so dick wie Sönkes Kinderarm.
Er wollt sie tauschen gegen Ahle
vom Schuster Franz, der war sehr arm.

Den trafen wir wie stets beim Wirt.
Soeben kam der Kurt vom Feld
und fragte: „Ob der Kohl noch wird,
wenn Regen wie aus Eimern fällt?"

Der eine Tisch bestellte Pils,
bekam es gänzlich ohne Blume.
Der Bruno sprach vom Suppenpilz,
er fand ihn neben einer Blume.

Der Eugen fiepste seine Weise,
im Gasthaus gab es einen Brand.
Sein Bub der wäre jetzt fast Waise,
ach prost, so löscht er gleich den Brand.

Der Vater machte eine Geste,
bestellte einen halben Schoppen.
Dann sagte er: “Ach bitte, gehste
mit Muttern in die Stadt zum shoppen."

Nichts hat sich geändert

Ein kranker Mann regiert ein großes Land,
Verstand und Klugheit sind auf Reisen.
Ein kleiner Sultan herrscht mit harter Hand,
Gefängnis dem, der ihn nicht möchte preisen.

Im Heute ist es, wie es gestern war,
wir fahren alle noch im gleichen Zug.
Die Leute reden, schimpfen Jahr um Jahr
und bleiben sitzen. Nennen es Betrug.

In schlauen Büchern bleibt von diesen Tagen
ein Bild, ein Witz, Gedichte wird man lesen.
In hundertfünfzig Jahren wird man sagen:
Dies sei die gute alte Zeit gewesen.

Mittwoch, 12. Juli 2017

Diese Nacht (Triolett)

Auf Schamgefühl kann ich verzichten.
Beileibe nicht auf eine Nacht
in der die Körper ohne Pflichten
auf Schamgefühle ganz verzichten,
sich zärtlich spielend unterrichten,
vom Taumeltanz der Lust entfacht.
Auf Schamgefühl kann ich verzichten,
beileibe nicht, auf diese Nacht!

Jungsein (Schillerstrophe)

Schwungvoll schlägt der Puls. Die jungen Leute
setzen Ziele sich im Heute.
Frohgemut beschreiten sie den Weg.
Sehnsucht liegt in jedem ihrer Tage,
Mut und Hoffnung stehen nicht in Frage,
frische Willenskraft als breiter Steg,
dürsten sie die Welt in ihren Händen
greifbar zu gestalten, groß und heil.
Kraft und Können will die Jugend spenden,
suchend stets ein Ankerseil.

Heiter singt die Jugend ihre Lieder,
Müßiggang ist ihr zuwider,
ja, sie wird dem Schwung der Zeit gerecht.
Jung sein hängt nicht ab von Jahresringen,
mein Bewusstsein zählt vor allen Dingen:,
ziehe ich für Wünsche ins Gefecht,
sehe dabei auch die kleinen Wunder?
Kann ich lachen, jauchzen hocherfreut?
Gebe ich dem Feind noch tüchtig Zunder
ohne das es mich dann reut?

Jung sein heißt; die ganze Welt beschauen,
Zuversicht um Flügel bauen.
Jung sein heißt; im Herzen frei zu sein.
Hoffnungsblüten tragen durch die Nächte,
frei vom Zwang gewinnbedachter Mächte.
Ruft die Liebe zart und Lupenrein.
Schwelgt das Herz, ist gänzlich unbesonnen,
zitternd wie ein junger Rosenstrauch,
schmecken erste Küsse voller Wonnen
heiß wie Helios Feuerhauch.

Freitag, 12. Mai 2017

Wayan, nachts ist er Ge/wehrlos

Hund, auf mit dir durchs Minenfeld!
Zeige uns den sichersten Weg zum Feind.
Töte Hund, marschiere Hund.
Wache Hund, spioniere Hund.


Der, den sie Hund rufen, ist vorne dabei.
Sein Gewehrkolben zählt die Toten nicht mehr.
Er ist der devote Hund der Kompanie,
jedem Befehl gehorchend.

Nur in stillen Nächten
betet er zwischen Ruinen,
hört seinen Gott weinen,
seine Mutter streichelt seine Wange.
Liebevoll nennt sie ihn Wayan.
Seine nassen Augen zählen vierzehn Jahre.

Wayan, ein Kindersoldat,
der Hund der Kompanie.

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